Für konkrete Empfehlungen ist die Datenlage zu Extrakten aus Baldrianwurzeln, Melisse-blättern, Ginkgoblättern, Kiefernrinde (Pinus pinaster) oder Passionsblume (Passiflora incarnata) zur Behandlung von Kindern mit ADHS noch nicht ausreichend. Das ist das Ergebnis einer systematischen Analyse randomisierter kontrollierter klinischer Studien zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von pflanzlichen Arzneimitteln bei Kindern und Jugendlichen bis zum Alter von 18 Jahren.
Bis zu 30 % der Kinder, die mit herkömmlichen Arzneimitteln gegen ADHS behandelt werden, leiden unter Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schlaflosigkeit oder Gewichtsverlust. Daher interessieren sich Eltern und Ärzte für „sanftere“ Behandlungsoptionen. Aber sind pflanzliche Wirkstoffe wirksam? Wissenschaftler aus deutschen und australischen Forschergruppen identifizierten insgesamt 9 Studien, die die Einschlusskriterien erfüllten. Geprüft wurden die Pflanzenextrakte gegen Placebo oder Methyl-phenidat. Insgesamt waren für alle sieben untersuchten Pflanzen die Patientenzahlen oder die Effekte nicht ausreichend, um ein Präparat als gesichert wirksam empfehlen zu können. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (SUE) traten nur in einem einzigen Fall auf: nach Behandlung mit Nachtkerzenöl erlitt ein Kind schweren Durchfall, was allerdings auch durch eine Vorerkrankung verursacht worden sein könnte. Sonst wurden alle pflanzlichen Arzneimittel gut vertragen.
Fazit der Autoren: „Aufgrund des vorläufig positiven Nutzen/Risiko-Verhältnisses kann die Verwendung von Melissa officinalis, Valeriana officinalis und Passiflora incarnata im Einzelfall in Betracht gezogen werden.“