Im deutschen Versorgungsalltag von BPS-Patienten wurde erstmals gezeigt, dass bei Verordnung von PRO 160/120 (Sabal- + Urtica-Spezialextrakt) folgende Komplikationen signifikant seltener als bei Verordnung von synthetischen BPS-Präparaten waren:
• Harninkontinenz im Vergleich zu Tamsulosin
• Harnverhalt im Vergleich zu Tamsulosin oder der Kombination Tamsulosin/Dutasterid
• Erektionsstörungen im Vergleich zu Dutasterid
Methodik: Basis der retrospektiven Kohortenstudie waren die Verordnungsdaten von 77.923 BPS-Patienten aus 3.000 deutschen Praxen von 2010 bis 2020. Von diesen erhielten 3.035 Patienten PRO 160/120, 3.133 Finasterid, 418 Dutasterid, 64.962 Tamsulosin und 3.375 Patienten die Tamsulosin/Dutasterid-Fixkombination. Die Studie analysierte die Auswirkungen von PRO 160/120-Verordnungen auf die Inzidenz von Harninkontinenz, Polyurie (inkl. Nykturie), Harnretention und erektiler Dysfunktion in einem Real-World-Setting in Deutschland. Die Ergebnisse wurden mit den Komplikationen, die unter einer Therapie mit den 5-alpha-Reduktase-Hemmern Dutasterid und Finasterid, dem alpha-1-Blocker Tamsulosin und Tamsulosin/Dutasterid als Fixkombination auftraten, verglichen. Die retrospektive Studie schloss alle Männer aus der IQVIA Disease Analyzer-Datenbank mit einer initialen Verschreibung von PRO 160/120, Finasterid, Dutasterid, Tamsulosin oder Tamsulosin/Dutasterid-Fixkombination zwischen Januar 2010 und September 2020 ein. Mittels logistischer Regressionsmodelle, in die u. a. das Alter und relevante Komorbiditäten eingingen, wurde der Zusammenhang zwischen PRO 160/120-Verordnung und Inzidenz vorab definierter Endpunkte (Harninkontinenz, Polyurie incl. Nykturie, Harnverhalt und erektile Dysfunktion) geschätzt.
Als Ergebnis zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Verschreibung von PRO 160/120 und einer geringeren Inzidenz von Harninkontinenz im Vergleich zu Tamsulosin (OR: 1,48; 95% KI 1,10-1,98; p = 0,010), Harnverhalt im Vergleich zu Tamsulosin (OR: 3,39; 95% KI 1,75-6,57; p < 0,001) und der Tamsulosin/Dutasterid-Fixkombination (OR: 2,81; 95% KI 1,35-5,82; p = 0,006). Hinsichtlich Polyurie einschließlich Nykturie weisen bis auf Finasterid alle Wirkstoffe vergleichbare Inzidenzen auf. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass bei Verordnung der Phytokombination die Häufigkeit einer erektilen Dysfunktion im Vergleich zu Dutasterid signifikant verringert war (OR: 2,79; 95% KI 1,49-5,25; p = 0,001).
Fazit: Die Verordnung der Phytokombination zeigt auch im Real-World-Setting im Hinblick auf unerwünschte Begleiterscheinungen einen günstigeren Verlauf bei erhaltener Sexualfunktion. Die Autoren schlussfolgern, dass dieser erste Nachweis der im Vergleich mit Tamsulosin geringeren Häufigkeit von Harninkontinenz und Harnverhalt unter PRO 160/120 auf das breite Wirkprofil der Phytokombination, welches auch entzündungshemmende Wirkungen beinhaltet, zurückzuführen sein könnte. Die Hypothese, dass die Unterdrückung der Entzündung das klinische Ergebnis verbessert, wird hierdurch klinisch unterstützt.